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Posts Tagged ‘Eciton vagans’

Die Kolonien sozialer Insekten, mit tausenden oder sogar Millionen von Individuen, sind für Fremde und Eindringlinge eine lebensgefährliche Umgebung. Sofort wird der ungebetene Gast am Körpergeruch oder seinem unangebrachten Verhalten erkannt und, wenn ihm die Flucht nicht gelingt, tot gestochen, in Stücke gebissen oder mit ätzenden Wehrsubstanzen vergiftet. Dennoch, die Kolonie ist alles andere als sicher vor spezialisierten Eindringlingen. Der Ameisenforscher Edward O. Wilson (1971) beschreibt treffend die Einwanderungsproblematik sozialer Insekten: „Der Insektenstaat und seine direkte Umgebung kann als Insel betrachtet werden, die andere Organismen unaufhörlich zu besiedeln versuchen“. Tatsächlich sind hunderte, wenn nicht tausende Arten verschiedenster Taxa dazu in der Lage den Insektenstaat wie eine Kuh zu melken und auf die eine oder andere Art als Trittbrettfahrer von ihm zu profitieren.

Wanderameisen (Ecitoninae), die ihre Kolonien durch Teilung gründen und dadurch praktisch niemals sterben, sind besonders anfällig für Parasiten. Ihre Jagd- und Emigrationszüge werden regelmäßig von einer beträchtlichen Anzahl anderer Arthropodenarten, aber auch von Vögeln und sogar Schlangen begleitet. Am Kloster Caraça in Minas Gerais querte auf etwa 1300 Metern über dem Meeresspiegel eine Kolonne von Wanderameisen (Eciton quadriglume) unseren Wanderweg. In der Kolonne fanden sich Käfer aus drei verschiedenen Familien (Staphylinidae, Limuloidae und Histeridae), die entweder zwischen den Ameisen mit rannten oder, im Falle der Histeriden, sogar als Anhalter auf den Ameisen-Soldatinnen ritten (Aktualisierung: Dank Prof. O. Betz aus Tübingen und Alfred Newton vom Field Museum kennen wir nun auch die Gattungen der Staphys: Termitoquedius und vermutlich Aleochara, siehe Bilder). Nachdem der erste Parasit entdeckt war, fanden wir im Minutentakt neue Arten unauffälliger Mitläufer in den Reihen der Ameisen.

1_Mandibelmilben_Felix Moll

Wanderameisen Soldatin (Eciton quadriglume) mit Milbenbefall an den Mandibeln. Die Milben (cf. Circocylliba) traten ausschließlich bei Soldatinnen mit gelber Kopfkapsel auf. Die viel häufigeren Soldatinnen mit roter Kopfkapsel waren nicht von diesen Milben befallen. Wer weiß mehr über dieses Phänomen? Alle Bilder in diesem Beitrag: Felix Moll.

Bald fiel uns (Martine, Sarah, Fabian, Meike, Micha, Anna, Hannah und mir) eine Milbenart (cf. Circocylliba) auf, die wir an den Mandibeln (Mundwerkzeugen) von Arbeiterinnen der Soldaten-Kaste fanden. Soldatinnen mit gelb verfärbtem Kopf waren ausnahmslos von den Milben befallen (15 beobachtete Individuen). Ganz im Gegensatz dazu fanden sich die „Mandibel-Milben“ an keiner einzigen der viel häufiger vorkommenden Soldatinnen mit roter Kopfkapsel.  Die Ursache für diesen eindeutigen und statistisch wasserdichten Zusammenhang zwischen Kopffarbe und Milbenbefall ist uns völlig unbekannt und wird auch in der verfügbaren Literatur nicht erwähnt. Wir bitten um Hinweise! (Felix Moll)

2_Histeridae_Kombi_Felix Moll

Parasitischer Käfer (links, Histeridae), der zwischen den Mandibeln einiger Eciton quadriglume Soldatinnen zu finden war. Einige Histeriden sind dazu in der Lage ihren Ameisenwirt dazu zu bringen Futtersaft hoch zu würgen und nehmen diesen direkt vom Mund auf. Rechts im Bild haben es sich gleich zwei Käfer zwischen den Mandibeln einer Soldatin gemütlich gemacht (siehe Pfeil).

3_Strasse_mit_Staphylinide_Felix Moll

Wanderameisen Emigrationskolonne, die von einem Käfer (Staphylinidae, Termitoquedius sp., siehe Pfeil) begleitet wird. Ecitophile (wanderameisenliebende) Staphyliniden fressen an der von den Ameisen gemachten Beute oder greifen sogar die Ameisen selbst an.

4_Staphylinid1_1_Felix Moll

Staphylinide (Termitoquedius sp.) zwischen Arbeiterinnen. Bei genauerem Hinsehen sind an den Beinen einiger Arbeiterinnen Milben zu erkennen, die sich von der Hämolymphe der Ameisen ernähren.

5_Beinmilbe_Felix Moll

Arbeiterin mit Milbenbefall am Bein.

6_Limulodidae1_1_Felix Moll

Wie ein Urzeitkrebs sieht dieser in der Ameisenkolonne mitlaufende Käfer aus der Familie der Limulodidae aus. Käfer aus dieser Familie können sich unter anderem von den Exkreten der Ameisenlarven ernähren.

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